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Jury-Theorem: Das Jury-Theorem ist ein mathematisches Theorem, das besagt, dass unter bestimmten Annahmen eine Mehrheitsentscheidung einer großen Gruppe mit größerer Wahrscheinlichkeit richtig ist als die Entscheidung eines einzelnen Gruppenmitglieds. Siehe auch Kollektive Intelligenz.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Nicolas de Condorcet über Jury-Theorem – Lexikon der Argumente

Gaus I 148
Jury-Theorem/Condorcet/Dryzek: Dieses Theorem zeigt, dass, wenn jeder Bürger mehr als nur eine Chance hat, sein Urteil richtig zu fällen, die Wahrscheinlichkeit, dass die Mehrheit die richtige Option wählt, umso größer ist, je größer die Zahl der Wähler ist. Das Jury-Theorem rechtfertigt daher die Rationalität der Mehrheitsdemokratie, zumindest in einem republikanischen Kontext der Suche nach dem Gemeinwohl, allerdings nur dann, wenn jeder Bürger ein unabhängiges Urteil erreicht und ausübt. Es sollte also keine Fraktionen (die die effektive Zahl der Wähler reduzieren) und, wie es scheinen mag, keine Kommunikation geben. Dies waren zumindest Rousseaus eigene Ansichten: Deliberation sollte nur eine Sache der internen Reflexion sein, nicht der Kommunikation. Wie Robert Goodin (2002(1): 125) und andere betonen, ist eine Diskussion jedoch in Ordnung, solange die Menschen anschließend bei der Abstimmung ihr eigenes unabhängiges Urteil fällen.
>Demokratie/Dryzek
, >Deliberative Demokratie/Dryzek.
Probleme mit Deliberation und Demokratie: Wenn Demokratie eine Aggregation beinhaltet (wie sehr sie auch immer von deliberativen Demokraten heruntergespielt wird), kann dies urteils- und nicht nur präferenzübergreifend sein, wie in der Theorie der sozialen Wahl betont wird. Solche Urteile können zu Meinungsverschiedenheiten darüber führen, was (zum Beispiel) dem Gemeinwohl dient. Diese erkenntnistheoretische Denkweise über Demokratie wird mit Rousseau in Verbindung gebracht, nach dem der allgemeine Wille durch Abstimmung festgestellt werden kann. Bernard Grofman und Scott Feld (1988)(2) argumentieren, dass, wenn es tatsächlich so etwas wie das Gemeinwohl gibt, auch wenn die Menschen unterschiedlich darüber urteilen, welche Option ihm am besten dient, das Condorcet'sche Jury-Theorem gilt.

1 Goodin, Robert E. (2002) Reflective Democracy. Oxford: Oxford University Press.
2. Grofman, Bernard and Scott Feld (1988) 'Rousseau's general will: a Condorcetian perspective'. American Political Science Review, 82: 567-76.

Dryzek, John S. 2004. „Democratic Political Theory“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

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Parisi I 494
Jury-Theorem/Condorcet/Nitzan/Paroush: Der Marquis de Condorcet (1743-1794) gilt als einer der Pioniere der Sozialwissenschaften. In der englischsprachigen Literatur gehörten Baker (1976)(1) und Black (1958)(2) zu den ersten, die die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Gemeinschaft auf die Bedeutung von Condorcets Schriften lenkten (siehe Young, 1995)(3).
Im Jahr 1785 gab es in Frankreich keine Geschworenen. Condorcet wandte die Wahrscheinlichkeitstheorie auf juristische Fragen an und argumentierte, dass die englische Forderung nach Einstimmigkeit unter den Geschworenen unangemessen sei. Er schlug stattdessen eine zwölfköpfige Jury vor, die mit einer Mehrheit von mindestens zehn Mitgliedern verurteilen kann.
>Condorcet-Jury-Theorem, >Entscheidungsprozesse.

1. Baker, M. K., ed. (1976). Condorcet: selected writings. Indianapolis, IN: Bobbs-Merrill.
2. Black, D. (1958). The Theory of Committees and Elections. Cambridge: Cambridge University Press.
3. Young, P. (1995). “Optimal Voting Rules.” Journal of Economic Perspectives 9(1): 51–64.


Shmuel Nitzan and Jacob Paroush. “Collective Decision-making and the Jury Theorems”. In: Parisi, Francesco (ed) (2017). The Oxford Handbook of Law and Economics. Vol 1: Methodology and Concepts. NY: Oxford University.

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.

Condo I
N. de Condorcet
Tableau historique des progrès de l’ esprit humain Paris 2004

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

Parisi I
Francesco Parisi (Ed)
The Oxford Handbook of Law and Economics: Volume 1: Methodology and Concepts New York 2017

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